Ein sicherer Hafen
21. Tag, Montenegro: Ich bin im Hostel „Namaste“ in Montenegro. Der Name ist indisch und heißt „Willkommen“ oder wörtlich übersetzt „Ich verbeuge mich vor dir.“ Hier bin ich sicher. Scheiße, hat der Polizist mir Angst gemacht. Ich wusste, dass das früher oder später passieren würde. Ich könnte also entspannt sein.
Doch er hat mich auf auf dem falschen Fuß erwischt. Ich war ärgerlich, auf mich selbst, war wütend, innerlich in Rage. Ich hatte gestern einen größtenteils miesen Tag (außer im Dzirlo): die Auseinandersetzung mit dem Ägypter, der Beinahe-Crash mit dem Auto, eine Radkappe weg und mein Tagebuch verklüngelt. Dann kam diese „Polizeikontrolle“.
Sein Gesicht verhieß schon nichts Gutes: kantig gemeißelte Gesichtszüge mit gleichgültigen aber zielgerichteten Augen: „License, license.“ Ich gab dem Mann mit Hut und Abzeichen meine Papiere. Er baute sich auf. „Oh, not allowed.“ Nicht erlaubt? Was nicht erlaubt? Ich dürfe keinen Anhänger fahren! Nicht in Bosnien. Diskussion: Klar dürfe ich das! Nein, nicht in Bosnien. Doch, auch in Bosnien. Nein, Bosnien anders, „Police station!“ Mitkommen.
Hatte keinen Zweck. Er wollte 50 Euro. Ich gab ihm 50 Euro. Eine Quittung habe ich natürlich nicht bekommen, weil er das Geld „erst einzahlen müsse“. Und ich müsse Bosnien sofort verlassen, sonst gäbe es richtig Ärger. Mal ehrlich: Hätte er gesagt, er habe Frau und Kinder zu ernähren und brauche dafür Geld. Okay. Wenigstens ehrlich. Aber diese Tour?
Ich kam ins Zweifeln. Darf ich wirklich mit Anhänger fahren? Ich wollte eigentlich in Bosnien in einem Rafting-Camp übernachten, in der Nähe der Grenze. Doch ich hatte genug. Ab nach Montenegro. Bis 1.30 Uhr nachts bin ich durchgefahren, bis in das Städtchen Bar an der Küste, völlig verunsichert. Die drei verbliebenen Radkappen habe ich runter genommen. So sieht der Wagen weniger interessant aus. In einer größeren Stadt in Montenegro bin ich wieder in eine Polizeikontrolle geraten. Ich zeigte meine Papiere. „Bitte“, „Danke“. Alles in Ordnung.
Im „Namaste“ habe ich einen sicheren Hafen gefunden. Das Hostel ist ein Ort der Freiheit, an dem sich Reisende aus allen Nationen begegnen. Hier kann ich mich langsam entspannen. Es liegen Tage der Einkehr mit außergewöhnlichen Menschen vor mir.
Fahren darf ich übrigens! Mein Versicherungsmakler hat mir bestätigt, dass der deutsche Führerschein international anerkannt ist. Das Gute an dieser Geschichte? Sie zeigt mir, wie wichtig innere Balance ist. Die Erinnerung an das kantige Gesicht unterstützt mich dabei Entscheidungen zu treffen, die mir gut tun.