Eine Welt, wie sie mir gefällt
Wo ist Joseph Turner?
156. Tag, Georgien: Joseph Turner war da. Genauso unerwartet wie er in meine Welt kam, ist er wieder gegangen. Gleich nach dem Aufstehen bin ich zur Vermieterin meines Gasthauses in Tskaltubo gegangen und habe sie gefragt, wo Joseph sei. „Schon abgereist“, sagte sie.
Ich nehme mein Tagebuch zur Hand und erinnere mich an das, was er gestern Abend sagte: „Das Interessante an einer perfekt gearbeiteten Mauer ist der Riss, der sich durch den Putz zieht.“
Wir waren uns auf Anhieb sympathisch. Joseph Turner ist ein Reisender aus Australien, Anfang 20, John Lennon-Brille mit passender Frisur, aufmerksam, schnelle Auffassungsgabe. „Fehler sind Teil der perfekten Welt, in der wir leben“, sagte Joseph.
Fehler in einer perfekten Welt
In wenigen Stunden haben wir so ziemlich jeden politischen, wirtschaftlichen und spirituellen Kontext diskutiert, den wir gedanklich greifen konnten: Corona, Krieg, Armut, Gier, der 11. September, die Aborigines, Künstliche Intelligenz, Macht und Kontrolle … Wäre die Welt in ihrem derzeitigen Zustand eine verputzte Wand, sie wäre von Rissen durchzogen und der Putz fiele an manchen Stellen schon ab.
Doch was ist dahinter? Wer hat die Macht und Kontrolle? Was ist auf der Bühne des Lebens echtes Sein und was ist Schein? Ich stelle mir diese Fragen seit Jahrzehnten und ich bin nie auf eine sinnvolle (zusammenfassende) Antwort gekommen, die mir sicheren Boden unter den Füßen gibt.
Wir kamen zu der Schlussfolgerung, dass es fast unmöglich ist, aufgrund objektiver Beobachtung klare Antworten zu geben (außer in der Mathematik). Denn jede „objektive“ Beobachtung ist beeinflusst von der Perspektive des Beobachters. „Deswegen messe ich dem subjektiven Erleben größere Bedeutung zu“, sagte Jospeh Turner.
Alles was wir erleben, hängt von unserer Wahrnehmung ab. Unsere Gedanken, Glaubenssätze, Emotionen und Überzeugungen modellieren das, was wir täglich sehen: Unser Spiegelbild morgens beim Zähneputzen; Die Nachrichten im Fernsehen; Der Chef auf der Arbeit, der heute besser gelaunt ist als gestern.
Das Leben ist ein Traum
„Ich glaube, dass das Leben ein Traum ist. Natürlich ist das subjektiv. Ich kann es dir nicht beweisen. Ich kann nur meine Erfahrung mit dir teilen und ob sie von Bedeutung für dich ist, das entscheidest du“, sagte Joseph Turner.
Genauso wenig wie Joseph die Welt als Traum beweisen kann, kann ich es auch nicht. Doch tief in mir fühle ich, dass dem tatsächlich so ist: Das Leben ist ein Traum, den wir als Einzelner für uns allein und zusammen mit Anderen zusammen träumen. Ich habe in meinem Leben zu viele Indizien dafür gefunden. Antworten im außen, die in etwa lauten „Die Welt ist so und so“ und „Das hat der aber so und so gemeint“ sind meiner Ansicht nach nicht haltbar, gemessen an althergebrachten Maßstäben.
Was den „Film“, den wir Leben nennen, zusammen hält, sind die Muster unseres Alltags- und Unterbewusstseins, die diesen Film jeden Tag aufs neue ablaufen lassen. Wir können Einfluss auf seine Geschichte nehmen! Verändern wir uns in unserem Inneren, verändern wir die Welt da draußen. Wahrscheinlich haben wir sogar weit mehr Möglichkeiten, als wir das jetzt für möglich halten.
Willst Du auch wissen, ob da was dran ist? Ich bin entschlossen, das heraus zu finden!
Matrix, anyone? Nur weniger dystopisch?
Matrix, passender Begriff! Vielmehr eutopisch 😉